Glaskunstwände der Hauptfassade, König-Heinrich-Platz

gefertigt 1959 von Gérard Lardeur (1931 - 2002),
aus seiner Fensterwand in der Vatikankirche, Expo Brüssel 1958

Gesamtansicht Glaskunstwände Hauptfassade

Oben links: Fensterwände der früheren Sakristei (heute Büro) und des südlichen Seitenschiffs,
oben rechts des nördlichen Seitenschiffs;
unten: Fenster der früheren Marienkapelle (heute Gruppenraum). Fotos: Max Schulz 2019

Der dunklere Kernbereich der Fenster unten zeigt angedeutete Elemente christlicher und säkularer Symbolik in abstrakten Formen (Schiff, Wellen, Kreuz, Kreis, Gitter, Schachbrett…) in schwarzem Glas, eingebunden in ein breites Band unregelmäßig geformter, in Gelbtönen gehaltener Glaselemente.

Im Obergeschoss sieht man als gegenständliche Andeutungen drei verschiedenfarbige, in ihrer kreuzartigen Grundform ähnliche Muster. Die Grundfarben beherrschen die Fensterfront: Blau-Lila, Rot, Blau-Türkis oben, dazu kommt das Gelb unten, jeweils abgestuft, immer durch Bleieinfassungen, rechteckige Metallrahmen und dunkle Gläser strukturiert, insgesamt hell eingerahmt.

Die Glaswände setzte Lardeur in Duisburg aus Teilen der Glaswand der linken Seite der Brüsseler Vatikankirche zusammen (s. Fotos). Die zeltartige Kirche war nur für die Ausstellung gebaut worden. Die Fensterwände wurden im Dezember 1958 vom Vatikan dem neuen Bistum Essen geschenkt und nach Duisburg weitervermittelt. Die linksseitige Fensterwand gehörte zu Lardeurs ersten großen Aufträgen – die rechtsseitige Glaswand hatte der damals schon bekannte Georg Meistermann hergestellt (s.u.).

Dass Lardeur selbst in Duisburg gearbeitet hat, deutet eine knappe Notiz in seinem Werkverzeichnis an: „1958 Bruxelles, Belgique, Exposition Universelle, Pavillon du Vatican/1959 Duisbourg, Allemagne, Cathédrale“.

Die Architektur des neuen Gebäudes in Duisburg forderte eine weitreichende Umgestaltung der Brüsseler Glaswand (s.u.). Gut zu sehen ist das bei den drei Fenstern im Obergeschoss.

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Fensterwand der Vatikankirche, Evangelienseite
Fotos: Privatsammlung Willems, Archiv Universität Gent

Im Untergeschoss finden sich Motive aus dem Brüsseler Fenster unmittelbar wieder.

Glasfenster aus Lille

Foto: Ausschnitte der Brüsseler Glaswand von Lardeur, aus: L’Art église 103, 1958, 45,44

Der Künstler Gérard Lardeur hatte erst 1957 seine ersten Fenster für den Obergaden der Kirche des Dominikanerkonvents in Lille hergestellt. Neben zahlreichen Plastiken schuf er etwa 100 Fenster für Sakralbauten (so auch für die Cathédrale Notre Dame in Calais). Er habe eine abstrakte Formensprache in traditioneller Glasmalerei verwendet, das Spiel mit einem dicht gedrängten Netz von Bleistegen sei für ihn kennzeichnend gewesen, schreibt De Gruyters Künstlerlexikon über ihn.

Glasfenster aus Lille

Foto: Website des Couvent des Dominicains de Lille, https://dominicainslille.fr (Archiv)

Literatur:
N.N.: Lardeur, Gérard, in: De Gruyters Allg. Künstlerlexikon, Bd. 83, 2014, S.199.
https://www.centre-vitrail.org/fr/gerard-lardeur (abgerufen: 12.03.2023).
https://gerard-lardeur.com/biographie (abgerufen 12.03.2023)

Sakristeifenster der Unterkirche, Landgerichtsstraße

Gefertigt von unbekannt aus Teilen der Fensterwand der Vatikankirche,
Expo Brüssel 1958, von Georg Meistermann, Köln (1911 – 1990)

Gesamtansicht Glaskunstwände Amtsgerichtsstrasse

Fenster der früheren Sakristei der Kapelle Unterkirche, Foto KB

Mauerartige Glaselemente in abgestuften Grautönen werden durchbrochen von diagonalen Glasfeldstreifen in Grau- und Blautönen und einer dünnen gelben Linie, die fächerartig in Richtung der Kapelle bzw. des dortigen Altars zeigen. Die roten Felder lassen an den oberen Abschluss von Gebäuden denken.
Dieses Fenster ist zu erkennen als Übernahme von Elementen aus der Meistermann-Fensterwand der Brüsseler Vatikankirche 1958 (s. Foto unten). Es ist ein umgestalteter kleiner Ausschnitt aus einem der drei „Gnadenströme“ (gebündelte blaue Strahlen), ein Motiv, welches in dem Brüsseler Fenster neben dem Pfingstmotiv der „Geisttaube“ bildprägend war.

Gesamtansicht Glaskunstwände Amtsgerichtsstrasse

Fensterwand der Vatikankirche, Epistelseite, Georg Meistermann Fotopostkarte 1958,
Sammlung Heidi Blümer

Die Geisttaube (oben links) war so großflächig, dass sie nirgendwo in der Liebfrauenkirche verwendet werden konnte. Ein Hintergrund mag sein, dass die ursprünglich für die Beleuchtung des Mittelschiffs von Liebfrauen vorgesehene Bleiverglasung mittlerweile verworfen werden musste. Das hatte eine statische Neuberechnung ergeben. Und so wurde Ende 1959 die Idee der Plexiglas-Faltwerkwände entwickelt und bis 1961 umgesetzt.
Nicht verwendetes Echt-Antikglas wurde üblicherweise anderweitig eingesetzt. Genaueres wissen wir nicht.

Georg Meistermann (1911 – 1990) gehört zu den weltweit bekanntesten deutschen Künstlern der jüngeren Vergangenheit. Dies vor allem wegen seiner mehr als 1000 Glasarbeiten, die sich in zahlreichen katholischen und evangelischen Kirchen wie auch in säkularen Gebäuden Deutschlands und Europas finden.
Über den im Nationalsozialismus verfemten kritischen Katholiken schreibt sein Enkel, der Kunsthistoriker Justinus Maria Calleen: Er „schuf [..] in seinen Werken eine ‚mystisch-beseelte Bilderwelt‘“, in der „konturierende Linien, lichte Farben und abstrakte Formen zu Bekenntnisformeln einer göttlichen Heilsgewissheit und einer unerschütterlichen Glaubenssicherheit wurden.“

Das „Gnadenstrom“-Motiv hat Meistermann vielmals gestaltet. Eine bekannte Fassung sind die „Gnadenstrom-Fenster“, die er für die Krankenhauskapelle in Wittlich 1969 schuf.
Glaskunst 230412 Foto5http://www.meistermann-gesellschaft.de/html/georg_meistermann.html
(abgerufen 12.03.2023)

Literatur:
Wilhelmus, Liane: Georg Meistermann – Das glasmalerische Werk, Petersberg 2014, S. 340 f.
www.meistermann-gesellschaft.de (abgerufen: 12.03.2023).